Psychoonkologie
Die Diagnose Krebs ist ein absolut unvorhersehbares Lebensereignis, das von einem Tag auf den anderen alles auf den Kopf stellt. Aber damit nicht genug, wird von der Medizin und/oder vom Umfeld oft großer Druck aufgebaut und man fühlt sich zu Entscheidungen gedrängt, ohne Zeit und Gelegenheit, sich zu orientieren und zu spüren, was sich richtig anfühlt und was nicht.
Als Ärztin mit ganzheitlichen Ansatz bin ich der Auffassung, dass man sich bei einer schwerwiegenden Erkrankung nicht nur um die körperlichen Symptome kümmern, sondern auch einen liebevollen seelischen Kontakt zu sich selbst herstellen sollte. Viele von uns sind es nicht gewöhnt, sich selbst ernst zu nehmen und etwas freundlich für sich zu tun. Aber genau dieser Umstand hat uns oft erst in diese „Sackgasse“ geführt.
Besonders Menschen, die gerne für andere da sind und sich selbst eher zurücknehmen, sollten jetzt umdenken und ihr bisheriges energieraubendes Verhaltensmuster hinterfragen. Denn es ist wichtig, zwischen energieraubenden und kraftspendenden Gedanken, Handlungen und Kontakten auszuwählen. All das, was IHNEN jetzt guttut, ist die beste Wahl. Und eigene Wünsche dürfen IMMER sein, nicht nur, wenn man krank ist. Das hat nichts mit Egoismus zu tun, sondern vielmehr mit guter Selbstfürsorge und einem klaren Ja zu den eigenen Bedürfnissen.
Die Betroffenheit einiger Menschen im eigenen Umfeld, die ihr Verhalten der an Krebs erkrankten Person gegenüber deutlich verändern, führt oft zu Irritationen. Von vorsichtigen Nachfragen nach dem Befinden bis hin zu großer Angst, Distanz und Rückzug reichen da oftmals die Reaktionen. Sich auch noch mit den Gefühlen des Gegenübers auseinandersetzen zu müssen, überfordert in dieser eh schon überaus schwierigen Situation massiv.
Eine wohlwollende Aufmerksamkeit und die gefühlsmäßige Hinwendung zu sich selbst kann man lernen, auch das Annehmen von Unterstützung und das Erbitten von Hilfe. Dem Umfeld nützliche Aufgaben zu geben, hilft in dieser Situation oft sogar beiden Seiten. Wichtig ist dabei, genau zu formulieren, was man als betroffene Person gerade braucht und was nicht, um Missverständnisse zu vermeiden.
Auch hier gilt: die betroffene Person braucht ihre Kraft nun für sich selbst, statt Ängste und Sorgen anderer aufzufangen. Sie darf und muss sogar selbst die Verantwortung übernehmen, denn keiner kann stellvertretend entscheiden- auch nicht der Therapeut! -, so gut das auch gemeint sein mag.
Dabei gibt es nie ein Richtig oder Falsch, sondern nur das, was sich für einen selbst gut anfühlt. Und das gilt es immer wieder zu prüfen, denn Bedürfnisse ändern sich und dürfen immer wieder nachjustiert werden! Je ehrlicher wir mit uns selbst und mit den anderen sind, desto leichter ist es für alle miteinander.
Ich selbst versuche, alles Schwierige, was mir in meinem Leben begegnet, als Aufforderung und Herausforderung anzunehmen. Ich vertraue dabei auf meine „innere Stimme“, versuche offen und flexibel zu sein und vor allem positiv zu denken und dankbar für das zu sein, was ich (in allem gefühlten Unglück) habe. Diese Einstellung gibt mir – nach Phasen der Entmutigung - oft den entscheidenden Schub, um wieder in meine Kraft zu kommen und das Ruder des Lebens wieder selbst in die Hand zu nehmen